Aktiv & Vital KW 14/22
Unser Tipp
„Die Quelle alles Guten liegt im Spiel“
Das meinte der Pädagoge Friedrich Wilhelm Fröbel (1782–1852).
Spielpsychologen gehen davon aus, dass Nicht-Spielen im Kindesalter den Menschen zu einem sozialen Außenseiter machen kann. Kinder lernen durch das Spiel die Welt kennen. Sie entwickeln durch das Spielen die Regeln des Zusammenlebens im Erwachsenenalter, sie erfahren Strategien der Lebensbewältigung und entwickeln dabei Gehirn und Körper, so der Entwicklungspsychologe Rolf Oerter. Doch wie so vieles lässt sich auch das Spielen in Epochen einteilen. Manfred Mühlbeyer, ein Kind der Wirtschaftswunderzeit, beschreibt in seinem Buch „Einfach spielen“ eine glückliche und zufriedene Kindheit, ohne stundenlanges Fernsehen, Kisten überfüllt mit Spielsachen oder Computerspiele.
Nussschalen und Weidenzweige
Mühlbeyer bezeichnet die Kinder der Wirtschaftswundergeneration als die „Improvisationsgeneration“, denn Kreativität und Improvisation standen im Vordergrund. Aus geteilten, bunt bemalten Nussschalen wurden Nussschalen-Schiffchen. Sieger war der, dessen Schiffchen auf dem Bach als erstes die nächste Bachbrücke erreichte. Der damalige Indianer bastelte seinen Kopfschmuck aus den Federn, die er im Hühnerstall fand, seine Pfeile machte er aus Schilfrohr und den Bogen aus einem biegsamen Weidenzweig, der mit einer Schnur gespannt wurde. Der alte Regenschirm wurde zum Zirkuszelt und in der Zirkusmanege befanden sich Tiere aus aller Welt, die aus den beliebten Wundertüten stammten.
An die frische Luft!
Zu jeder Jahreszeit wurde draußen gespielt, denn es gab wenig oder keinen Verkehr. Spielen mit Murmeln oder dem Peitschenkreisel, der Gummitwist, der sich vom „Wirtschaftswundertwist“ der 60er-Jahre ableitete, das Laufen auf Stelzen und die vielen Abzählreime, die Versteckspiele und andere Spiele einleiteten, waren einfache, aber glückliche und unbeschwerte Spiele. Wenn der Herbstwind über die Felder blies, ließ man nach der Schule Drachen steigen. Gebaut aus Holzleisten mit buntem Drachenpapier und mit einer langen Schnur versehen, konnte er hoch in den Himmel steigen. Der Winter brachte oft viel Schnee, und warm eingepackt wurden Schneemänner gebaut und (oft halsbrecherisch) mit dem Schlitten gerodelt.
Alle Jahre wieder
Um die Weihnachtszeit begann das Spielen im Haus, allerdings nicht im Kinderzimmer, das es damals noch selten gab, sondern in der Küche. Die Mädchen spielten eher mit ihren Puppen, während die Buben am Küchentisch bastelten oder mit wenigen Bauklötzen experimentierten. In der guten Stube wurde das Weihnachtsfest gefeiert, zu dem jedes Jahr Schätze vom Dachboden geholt wurden. So der Kaufladen, der mit neuen Waren aufgefüllt war, oder die Puppenstube, die mit neuem Anstrich und oft auch neuen Möbeln große Freude bereitete. Freude für Jung und Alt bereitete die Eisenbahn, die jedes Jahr an Weihnachten erweitert wurde. Vieles hat sich bis heute im Spielzeugland geändert und eine neue Epoche hat Einzug gehalten. Gespielt wird heute mit anderen Spielsachen, die aber nach wie vor die Kinder zum Spielen anregen. Auch ältere Menschen sollten das Spielen wieder entdecken. Denn Spielen im Alter ist nicht kindisch. Es fördert die geistige Beweglichkeit, ist ein Ausgleich zum Alltag und führt zu Entspannung.
Buchtipp: „Einfach spielen“ von Manfred Mühlbeyer erschienen im Omnino Verlag
Quelle: Spätlese, www.msagd.rlp.de